Habenichtse

Das Schauspielhaus zeigt aktuell eine Bühnenfassung des Romans «Früchte des Zorn»; dieser wurde vor gut 90 Jahren geschrieben und schildert die Not und Armut der Farmer im Mittleren Westen der USA und deren Hoffnung, in Kalifornien eine neues, besseres Leben zu beginnen.
Die Inszenierung ist erstaunlich vielschichtig und modern und eigentlch nie wirklich anklagend oder polemisierend; als Untergrund schwingt immer das Stück von Steinbeck mit, aber das Ensemble erreicht, dass darüber moderne Bilder gepackt werden, wie Roboter Stimmen, die den Kapitalismus simulieren, Rap Gesang, der die Gewalt in den Ghettos der Städte beschreibt, Lieder aus den späten 60 er Jahren, wo viele Hippies Kalifornien als ihr Paradies ansahen und dorthin aufbrachen, ein Reality Radio Show, in der das Radiopublikum als Voyeure an der Armut der Einwanderer teilnehmen können.
Auch Eigenschaften wie Gier und Neid werden auf der Bühne dargeboten; überflutet mit Bildern und Effekten ist es jedem einzelnen Theaterbesucher überlassen, was er mitnehmen möchte.
Ganz eindrücklich sind die beiden Schlussbilder, eines zeigt die Idee des unendlichen Kreislaufes von Leben und Tod in einem schlichten Dialog zwischen der toten Rose und dem Tod, das andere die berühmte Allegorie der ernährenden Mutter Erde in Form einer stillenden Frau.

Die Kritiken der Presse sind durchaus sehr psoitiv.

«Rüping widersteht der Perspektive von Steinbeck, einem allwissenden Erzähler, denn: Seine Armen, die Flüchtlinge, sind auf der Zürcher Bühne Phantasieprodukte der Reichen. Seine Lesart lässt die Geschichte der Migrantenfamilie als Story einer «Gucci-Gang» vom Stapel, einer zynisch-arroganten, menschenverachtenden Fünferbande von Edelrappern (Benjamin Lillie, Steven Sowah), Europopperinnen (Kotoe Karasawa, Wiebke Mollenhauer) und rührseligen Sozialromantikern in Nikes (Gottfried Breitfuss).» (NZZ, 28.10.2019)

«Im Lauf des Abends schälen sich aus dem pfirsichglatten Erzähltheater mit dem angesagten moralischen Anspruch bei bewusster politischer Diskretion, mit den dezidiert oberflächlichen Entertainment-Elementen und den doch eher subkutanen Dringlichkeits-Momenten vorsichtig eine ernsthafte Figurenliebe und ein wachsender Ensemblegeist heraus.» (Tages Anzeiger, 28.10.2019)