Es war noch dunkel, als wir das Hotel verliessen; auf dem Markt kaufte der Schwiegervater Proviant und gekochte Eier. Er bot mir auch eines an, was ich allerdings bereute, da es wie ein Stein in meinem Magen lag.
Der Bus war ein Doppeldecker Sleeper Bus; es gab 2 Reihen übereinander mit Schlafkojen. Wir hat unsere oben, ich am Fenster.
Die ersten paar Stunde veliefen ohne Probleme, da die Strasse sehr gut ausgebaut war. Nach einem kurzen Rast bog der Bus in einen Feldweg ein, der sich n den Kuppen der Hügel schlängelte; der Weg war durch die Regenfälle schon recht ausgewaschen, de Bus neigte sich oft gefährlich dem Abgrund entgegen. Da ich oben lag, schaute ich immer in den Steilhang runter und begann bereits innerlich mein Testament zu schreiben; meine Gitarrensammlung sollte mein Neffe bekommen, den spärlichen Rest meine zwei Patenkinder.
Meine Todesängste waren zwar etwas übertrieben, aber während der Monsumperiode ist nicht selten, dass irgendein Bus auf den glitschigen Feldwegen den Hang runter fällt. Zum Glück war die Strassse trocken.
So etwa alle 4 Stunden hielt der Bus an einer Raststätte, alle stiegen aus um sich die Beinen zu vertreten, etwas zu essen und Tee zu trinken. So fuhren wir durch die Gebirgslandschaft und erreichten am späten Nachmittag das Tal des Red Rivers; dieser entspringt wie alle anderen Flüsse vom tibetischen Hochland und mündet in Norden von Vietnam ins Meer. Wunderbar in dieser Landschaft sind die terrassierten Reisfelder, die sich weit die Hügel hinauf ziehen.
Der Red River war allerdings nicht unser Ziel, wir fuhren auf der anderen Seite wieder die Hügel hinauf; es war schon dunkel draussen und ich döste auf der Pritsche.
Bei der Morgendämmerung hatte der Bus irgend eine Ebene erreicht und hielt vor einem Kontrollposten an, der die Pässe der Reisenden kontrollierte. Damals brauchten die Einheimischen die Erlaubnis der Arbeitstätte und des Wohnortes, um überhaupt verreisen zu können. Ich ging nach draussen, um zu rauchen und die Beine zu vertreten.
Als ich wieder eintieg, zeigte der Soldat auf meinen Pass und fragte irgend was; der Sprache unmächtig beschloss ich, einfach zu lächeln, er lächelte zurück und stieg ein. Später wurde mir klar, er wollte wissen, woher ich kam; er hatte so ein Dokument noch nie gesehen.
Die Weiterfahrt wurde dann nochmals etwas unterbrochen, weil der hintere Reifen geplatzt war; es war lustig zuzusehen, wie die beiden Fahrer probierten, den Reifen auszutauschen. Sie führen mit dem Bus rückwärts auf einen grossen Stein, das Reserverad war an der Unterseite angeschraubt. Die Jungs hätten mich lieber nicht zusehen lassen sollen: das Profil auf den Räder war nicht mehr vorhanden, wir waren quasi auf glatten Reifen durch diese abschüssige Hügellandschaft gefahren.
Nach dem sie etwa eine Stunde versucht hatten, den Reifen zu wechseln, gaben sie auf und erklärten, auf einen Ersatzbus zu warten. Da ergriff mein damaliger Schwiegervater die Initiative und stoppte kurzerhand einen vorbei fahrenden Linienbus. Wir holten das Gepäck und stiegen in den Bus.
Am späten Nachmittag erreichten wir endlich unser Ziel, Jinghong am Mekong; ich wollte unbedingt diese Fluss mal sehen, diese Lebensader Südostasiens. Bei Jinghong ist der Fluss noch nicht so breit, weil hier der Übergang vom Gebirge in die Ebenen statt findet.
Hier war es wieder, dieses Easy Going Lebensgefühl, sicher auch weil es tropsch warm ist.
Eines Tages beschloss der Schweigervater einen Wagen zu mieten und noch zwei Sehenswürdigkeiten anzusehen; so fuhren wir ein Seitental Richtung Westen bis wir Stunden später den Elefant Tree erreichten; dieser einzelne Baum hat im Verlauf seines Lebens unzählige Seitenstämme ausgebildet, worauf es wie ein kleiner Wald aussah. Ich konnte mich nicht des Verdachtes erwehren, dass dieser Baum irgend eine religiöse Bedeutung hatte.
Wir fuhren weiter bis zur Grenze nach Burna; jenseits der Grenze gibt es ein buddhistischer Tempel aus weissem Marmor mit vergoldeten Kuppeln; ich fragte, ob ich mal kurz rüber gehen könnte um den Tempel von Nahen anzusehen. Theoretisch war das kein Problem, allerdings hätten mich die Chinesen nicht mehr ins Land gelassen, weil bei Grenzübertritt automatisch das Visum erloschen wäre.
Vom Mekong zurück in die Grossstadt dauert auch wiederum so 16 Stunden; die Strasse windet sich dem Relief des Gebirges entlang auf die Hochebene von 1700 m.ü.M. Inzwischen gibt es eine Autobahn, auf der der Weg dorthin nur noch 8 Stunden dauert.
Diese Rückreise ist nicht nennenswert ausser, dass in einer Raststätte ein ältere Herr sich gegen Geld fotografieren liess; die Bedeutung wurde mir später erklärt: in den 60 Jahren besuchte die damalige Nummer 2 im Land Zhou Enlai diese Provinz und schüttelte dem oben erwähnten Herrn die Hand. Nun was für eine Ehre für einen Staats gläubgen Chinesen, dem die Hand zu schütteln, dem Zhou Enlai die Hand geschüttelt hat!