Fast erfroren

Kurz vor Anbruch der Dämmerung erreichten wir die Stadt; der Bus wurde vor den Toren parkiert, ein Teil der Begleiter ging mit mir in die Stadt, der andere begaben sich auf die Suche nach einem Hotel.
Die Stadt liegt auf einem Hochplateau eines Ausläufer des Himalayas auf 2600 m.ü.M. Wir kamen im Februar dorthin und es war sehr kalt.
In die Altstadt wärmten wir uns in einem Teehaus auf; überall gibt es kleine Kanäle und Brücken, die Häuser sind aus Stein mit den geschwungenen grauen Ziegeldächer, mit Innenhof und geschnitzten Holzbalustraden. Ein wirklich hübsche Stadt; ich las dann später, dass das Volk der Naxi dort beheimatet ist, eine der vielen Minderheitsvölker in China.
Später trudelte noch der Rest der Gesellschaft ein, und wir gingen irgendwo essen; sie hatten ein Hotel draussen in der Vorstadt gefunden.
Damals gab es die 2 Klassen Hotels, Hotels für Touristen, und Hotels für Einheimische. Als wir zum Hotel kamen, staunten die Angestellten nicht schlecht, dass da in der Reisegruppe so ein grosser untypischer Chinese mitlief, der nota bene kein Wort der Sprache verstand. Nach langem Palaver und dem Wechseln von ein paar Yuen wurde dann der Europäer als Einheimischer anerkannt, und er konnte das Zimmer beziehen.
Ich war entsetzt, als ich das Zimmer betrat; es gab da nur eine Matratze und eine Wolldecke. Damit ich nicht erfror, zog ich alle Kleider an, die ich mitgenommen hatte, und wickelte mich in die Wolldecke. Es war sehr kalt, ich denke so -5 Grad; es gilt die Faustregel, dass südlich des Jangtse keine Heizungen vorhanden sind, und wir waren südlich des Jangtse! Am nächsten Morgen war draussen das Wasser gefroren, immerhin, ich lebte noch.
Wir fuhren mit dem Bus weiter in den Norden bis an den Fuss eines Berges, der zum Jadedrachen Gebirges gehört; der höchste Gipfel liegt über 5500 m.ü.M. Es gab da eine Drahtseilbahn, die auf eine Hochebene führt, aber die Bekannten beschlossen, zu Fuss hinauf zu gehen. Der Weg wand sich einem Bach entlang, durch einen Nadelwald. Weiter oben lag Schnee auf dem Weg, mit meinen Turnschuhen ging es so knapp, meine damalige Schwägerin trug Stöckelschuhe und rutsche dauernd auf der glatten Unterlage aus. Unglaublich, mit Stöckelschuhen ins Hochgebirge!
Auf dem Hochplateaus so auf 3500 m.ü.M. war eine kleine Festwirtschaft aufgestellt, wo das Volk der Naxi Folklore Darbeitungen zeigte, irgendwo gibt es da noch ein Erinnerungsfoto, ich umrahmt von den Tänzern.
Seit der Abfahrt von der Grossstadt hatte ich als passionierter Kaffeetrinker keinen Kaffee mehr trinken können; in dieser Festwirtschaft wurde Instantkaffee verkauft, normalerweise nicht mein Getränk, aber in der Not frisst der Teufel Fliegen. Es schmeckte köstlich.